Manche Fotografen erkennt man sofort an ihrer Handschrift, Watson dagegen zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit aus. Der 1942 geborene Fotograf legte sich während seiner gesamten Karriere auf keinen Stil fest. Einen typischen Watson erkennt man allenfalls an grotesken Details und expressiven Posen. Eine ikonische Aufnahme etwa zeigt den Regisseur Alfred Hitchcock mitsamt gerupfter Gans. Dagegen lümmeln auf weniger inszeniert wirkenden Aufnahmen seine Models auf einer Straße, als kämen sie verkatert aus der Kneipe. Nichtsdestotrotz durfte er das gediegene Cover-Foto der Steve-Jobs-Biografie gestalten, zudem stammen über hundert Titelbilder für die „Vogue“ von ihm. Kaum glaubt man, eine Schublade für Watson gefunden zu haben, taucht er im westafrikanischen Benin auf, wo er für Baumwoll-Bauern fotografierte.
In seinem Buch „Wie ich Menschen sehe“ (Midas Collection, 128 Seiten, 22.90 Euro) erklärt der Künstler anhand von Porträts und Landschaftsaufnahmen, wo seine ungeheure Kreativität herkommt und wie er sie kanalisiert. Dies reicht vom Umgang mit Models bis zu technischen Hintergründen, wobei er davor warnt, letzterem zu viel Raum zu geben.Nichtsdestotrotz beschreibt Watson ausführlich, wie man ein Studio einrichtet und die endlosen Möglichkeiten, ein Foto lichttechnisch zu beeinflussen. Trotz des saloppen Tonfalls wird klar: Watson überlässt nichts (oder nur wenig) dem Zufall.Eine Devise, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, lautet: planen, planen, planen. All das verfolgt das Ziel, dass ein Leser Schönheit erkennt, die andere nicht sehen.
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